Sonntag, 28. September 2008

Faschismus, da und dort (2)

27.9.2008

Das Thema Faschismus unserer Region beschäftigt mich weiterhin. Meine Bemerkungen zum israelischen Faschismus wurde vor zwei Tagen akzentuiert, durch eine Rohrbombe, die Ze’ev Sternhell in Jerusalem vor die Haustür gelegt wurde und ihn leicht verletzte. Sternhell ist Professor an der Hebräischen Universität und Fachmann für Rassismus und Faschismus. Seine Gedanken sind denen von Yeshaiyahu Leibowitz nicht unähnlich, der die Besiedelung der Westbank und die Herrschaft übe die dortigen Palästinenser als das Grundübel israelischer Politik sah. Ich weiss nicht, ob Sternhell Mitglied der Friedensbewegung „Schalom Achshav“ (Frieden jetzt) ist, deren Generalsekretär Yariv Oppenheimer eine Morddrohung erhielt, in der Form eines Preises von über einer Million Schekel für seinen Kopf. Selbstverständlich versuchen sämtliche Politiker der politischen Rechten sich gegenseitig mit ihren Verurteilungen des Mordversuchs und der Morddrohung zu überbieten, doch kaufe ich diese nicht allen ab.

Es muss festgestellt werden, dass politischen Morde, Mordversuche und Gewalttaten in Israel fast ausschliesslich aus der rechten faschistoiden Politszene kommen, während die politisch Linken und die politische Mitte, meist ihre Opfer sind. Dazu zähle ich auch gewalttätige Anarchisten, die sich als linke Friedensengel empfinden, denn das Etikett politisch „Links“, das sich neben dem zarten und feinfühligen Josef Stalin auch europäische Demonstrationstouristen und Chaoten (ich denke hier an Schweizer 1. Mai-Umzüge oder an Durban I) zulegten, darf nicht zum Persilschein für politische Gewalt verkommen.

Durch die Aktivitäten und die Ideologie der extremistischen Siedlerbewegung von heute werden die politischen Fundamente unseres Staates untergraben. Die Prioritäten, von ihren Rabbinern vorgegeben, sind Herrschaft über Land, eine fundamentalistische Auslegung der Bibel und die Ablehnung des heutigen Staates Israel. Begriffe wie Demokratie, freie Gesellschaft, Meinungsvielfalt und Pluralismus kommen in dieser Ideologie nicht vor. Aus diesem Grunde ist für mich dieser höchst unzionistische jüdische Extremismus eine weit grössere Gefahr für unser Land, als die arabische und iranische Bedrohung.

Wenn in Israel Demokratie und freie Gesellschaft untergraben werden, wenn das Sozialwerk Israel weiter demontiert wird und einem blindwütigen Raubtierkapitalismus Platz macht, der mit der humanistischen Tradition der Gründergenerationen nichts mehr gemein hat, dann werden wir eines Tages aufwachen und einen jüdischen Staat vorfinden, dessen Verteidigung sich nicht lohnt – auch nicht mit der feinsten Armee des Mittleren Ostens.

Samstag, 27. September 2008

Faschismus - bei denen und bei uns

26.9.2008

Auf den Tagebucheintrag vom 12.9.2008 zum Thema fehlender Empathie von Seiten ausländischer Kommentatoren und selbstzufriedenen Bürgern der westlichen Welt, schrieb mir der Journalist Ulrich Sahm: „Die Unfähigkeit der Palästinenser zur Selbstkritik wird sie weiter ins Unglück stürzen. Das macht mir mehr Sorge als die Lage Israels“.

Das liegt auf der Hand und ich habe zu diesem Thema auch schon geschrieben, wenn auch anders. Ich nenne das die Weigerung der Palästinenser und der arabischen Welt für sich Verantwortung zu übernehmen und stattdessen Israel, die USA und den gesamten Westen als Sündenböcke für eigene Unfähigkeiten zu anzuklagen. Ulrich Sahm phrasiert das schlicht eleganter. Die Fähigkeit zur Selbstkritik ist die Vorbedingung um Selbstverantwortung zu übernehmen.

Übrigens: ich habe in meinem Blog begonnen, neben Buchempfehlungen auch Links zu Websites und Blog aufzulisten. Ulrich Sahms Website ist auch dabei, man kann, neben politischem, auch übers Kochen schlau werden. Eine umfassende Rezeptsammlung hilft dabei.
Es gibt, im Moment wenigstens, sogar noch wichtigeres als kochen. Viel lesen wir über den „Islamofaschismus“, mit dem seit wenigen Jahren der Jihadismus und seine dem Hass und Terror auf Juden und andere Vertreter westlicher Lebensart frönenden Anhänger bezeichnet werden. Da sich dieser Beschäftigung nachgehende Muslime (und ihre westlichen Apologeten) sich durch Worte und Taten als Erben des Nationalsozialismus betrachten, hat diese Bezeichnung eine gewisse Logik. Es ist dieser Islamofaschismus, durch den sich das palästinensische Volk von der Erfüllung seines berechtigten Anliegens, einen eigenen palästinensischen Staat zu errichten, so weit entfernt hat, dass eben dieses Anliegen von seiner Legitimation verliert. Für den Rest der arabischen Welt, deren Schuld am Los der Palästinenser ungleich grösser ist als die Israels und der Palästinenser selbst, haben nicht einmal diese „Legitimität“ für ihren weltweiten Terror. Im Endeffekt ist dieser Zustand das Resultat von Ulrich Sahms Feststellung arabischer Unfähigkeit zur Selbstkritik.

Doch einen jüdischen „Faschismus“ gibt es auch. Man denke an den Mörder Itzhak Rabins, an Herrn Dr. Goldstein, der in Hebron neunundzwanzig betende Araber umbrachte, nur weil sie eben Araber waren, man denke an den Mord an Emil Grünzweig, Mitglied von Schalom Achshav, der an einer Demonstration vor vielen Jahren durch jüdische Rechtsextremisten ermordet worden war, man denke an die vielen palästinensischen Familien in der Westbank, die beim Olivenernten von jüdischen Siedlungsfanatikern angegriffen, verprügelt, verletzt und getötet worden sind, an die Morde an palästinensischen Arbeitern, an die Angriffe auf Polizei und Armee der sich vom Staat losgesagten Hügeljugend, die israelische Sicherheitskräfte als Feinde sehen und sich entsprechend benehmen und anderen Vorkommnissen dieser Art, die unserer Gesellschaft und dem jüdischen Staat keine Ehre machen. Das sind keine Taten einzelner durchgedrehter Juden, sondern dahinter stehen extremistische Rabbiner, Ideologen und Politiker, die mit ihren mittelalterlichen Ansichten und Bestrebungen mit dem humanistischen Zionismus der Gründerväter rein gar nichts mehr zu tun haben. Sie sind auf einen fahrenden Zug aufgesprungen und versuchen mit Gewalt seine Richtung zu ändern, den Rückwärtsgang einzulegen.

Im Gegensatz zur palästinensischen und arabischen Welt verurteilt die grosse Mehrheit der Israelis eigene faschistische Phänomene, tanzt nach Morden nicht in den Strassen und verteilt zur Feier keine Bonbons. Israel erhebt den Anspruch ethisch über der fanatisierten islamischen Welt zu stehen – der israelische Faschismus ist dem abträglich.

Zum Thema gehört eine Geschichte, die sich im Barzilai Spital in Ashkelon abspielt. Ich verfolgte eine Reportage darüber in den heutigen Fernsehnachrichten. Im Barzilai liegt seit einigen Monaten eine Frau nach einer Hirnblutung im Koma. Sie ist Mutter zweier Söhne und vor zwei Tagen wurde ihr dritter Sohn mittels Kaiserschnitt geboren. Diese Frau kommt aus Gaza, ist geborene Bulgarin und hatte einen Palästinenser aus Gaza geheiratet. Wie unendlich viele palästinensische Kranke wurde sie zur Pflege nach Israel gebracht. Ihr Zustand ist hoffnungslos, sie vegetiert, doch wird sie im Koma gehalten, um die Schwangerschaft zu Ende zu führen. Ihr Mann kommt täglich aus Gaza zu ihr, bringt manchmal die zwei grossen Söhne mit und hofft, dass ein Wunder geschieht und seine Frau erwacht. Gestern kam der Bruder der Patientin aus Bulgarien angereist, um seine Schwester zu sehen. Der Vater kann seinen neuen Sohn sehen – er liegt noch im Brutkasten – sein Händchen halten und sich freuen. Eine Freude, die von Trauer überschattet ist, denn er weiss, dass seine Frau kaum noch lange am Leben erhalten werden kann.

Solche Situationen gibt es auf der ganzen Welt. Doch Israel wird vorgeworfen Menschenrechte zu verletzen, Gaza auszuhungern und dessen Einwohnern das Überleben zu erschweren. Diese Lügenpropaganda, über die ich schon in meinem Tagebucheintrag vom 28.8.2008 geschrieben habe, könnte durch Berichte wie der vorliegende, entkräftet werden, doch habe ich von diesem Drama erst im Fernsehen erfahren – in der gedruckten Presse fand ich darüber nichts.

Freitag, 12. September 2008

Der Götz von Berlichingen und die fehlende Empathie

12.9.2008

Vor kurzem war ich in Jerusalem an einer Pressekonferenz um einem Vortrag des palästinensischen Ministerpräsidenten zuzuhören. Er kam nicht, sondern delegierte seinen Aussenminister, der seines Chefs Worte vorlesen sollte, was er auch tat. Davon ist nichts berichtenswert, es war das übliche palästinensische Gejammer und die ebenso übliche Ablehnung jeder Verantwortung für alles eigenes Tun und dessen Folgen. Etwas interessanter waren Antworten auf Fragen aus dem Publikum. Neben sachlichem wurden auch Fragen wie etwa „Was denkt seine Exzellenz der Herr Aussenminister über die in der arabischen Welt herrschende Gewalt, in der sich weit mehr Araber gegenseitig umbringen, als in den gesamten rund hundert Jahren des jüdisch-arabischen Konflikt Menschen umgekommen sind?“. Der Zweck der Frage war wohl, die Gewalttätigkeit der arabischen Kultur anzusprechen, die viele Juden vor einem Frieden zwischen Palästina und Israel zögern lässt. „Das hat mit der Lösung des Problems nichts zu tun“, war die kurze Antwort. Ich wollte ihn fragen, was er zum offiziellen Judenhass, der in arabischen Schulen gelehrt und in der palästinensischen und arabischen Gesellschaft lauthals vorgelebt wird, zu sagen habe. Vielleicht ahnte David Kimche, Organisator und Moderator des Anlasses, diese unbequeme Frage – ich wurde nicht aufgefordert, sie zu stellen. Dafür durfte mein Freund Roger Guth vorschlagen, den schweizerischen Föderalismus als mögliches Modell zu berücksichtigen, ein Vorschlag der höflich abgewiesen wurde.

"Er aber, sag’s ihm, er kann mich im Arsche lecken!" Diese feinen Worte hat der Goethe dem Götz von Berlichingen in den Mund gelegt – vielleicht hat dieser sie auch tatsächlich gesprochen. Das Zitat kommt mir immer dann in den Sinn, wenn ich lese oder höre, wie Aussenstehende Israel zum nationalen Selbstmord überreden wollen. Wie fast alle Israelis (Juden und Araber) wollen wir Frieden, denn ein normal denkender und funktionierender Mensch im israelischen Kulturkreis – so wie ich diesen kenne – zieht vor, seine Energien auf einen friedlichen Alltag auszurichten, seine Kinder friedlich und ohne Hassideologien zu erziehen, seinen Geschäften nachzugehen, in Nachbarsländern seine Ferien zu verbringen und dort Freunde zu haben, statt sich dauernd mit Kriegen, Terror, Hass und Gewalt aus eben diesen Nachbarländern auseinandersetzen zu müssen, um Väter und Söhne an der Front zu bangen und Kriegsopfer zu begraben, von denen es, über die vergangenen sechzig Jahre gesehen, fast so viele gab wie Verkehrsopfer. Oder wie für viele, jahrelangen Militärdienst leisten zu müssen, der die Produktivität des Staates enorm behindert, denn es sind ja gerade die besten unserer Bürger, die sich davor nicht drücken.

Leider gibt es aber auch in Israel gemeingefährliche Ideologen und Spinner, die die Zeiten biblischer Mythen, ein Grossisrael, das es nie wirklich gegeben hat, einen Halachastaat, ähnlich dem Shariastaat islamischer Jihadisten einführen wollen und denen für diese Ziele jedes Mittel recht ist. Araberhass und Gewalt bis zu Mord an unseren Minderheiten gehört zu ihrem Repertoire. Aber sie werden von der Mehrheit der Israelis und der Regierung abgelehnt und bestraft. Die Schlimmsten sitzen wegen Mordes an arabischen Bauern und Arbeitern im Zuchthaus. Auch diese Spinner haben ihre Fans, ihre Zahl hat durch den alles pervertierenden arabisch-palästinensischen Hass auf uns Juden eher zugenommen, denn er gibt ihnen einen weiteren Vorwand für ihr übles Tun. Doch noch sind sie eine Minderheit im Land.

Nicht das erste Mal schreibe ich von der fehlenden Empathie westlicher Kreise für die Lage Israels und seiner Menschen. Israels sieben Millionen Bürgern stehen heute etwa 300 Millionen Araber (in zehn Jahren werden es rund 400 Millionen sein) oder wenn wir wollen, 1,61 Milliarden Muslime gegenüber. Trotzdem wird Israel zum Goliath empor stilisiert und unsere lieben Feinde zum David. Militärisch ist Israel stark, anders wäre es schon lange weggefegt. Doch sein erfolgreiches Überleben, so denke ich, hat vor allem mit Motivation zu tun. Es ist diese Motivation, die wenn darauf ankommt, intelligente Kriegsführung erzeugt und die überragende persönliche Motivation des einzelnen israelischen Soldaten, die Kriege gewonnen hat. Sogar der nicht gerade erfolgreiche Krieg im Sommer 2006 hat letzteres wieder demonstriert – wie in früheren Kriegen, nahmen im Ausland lebende israelische Reservesoldaten den ersten Flug nach Israel, um an der Verteidigung ihres Landes teilzunehmen, motiviert durch ein tiefes Verantwortungsgefühl, das sich bis heute nicht verflüchtigt hat. Ich erlebte dieses Phänomen schon in 1967 und in 1973. Es war das Wissen, dass es keinen anderen Weg zu Überleben gibt und alles getan werden muss um zu gewinnen. Flächenmässig wenig mehr als halb so gross wie die kleine Schweiz, hinter sich das Meer, vor sich die unendliche Weite der arabischen Welt und deren Feindschaft, kann sich Israel nirgends zurückziehen. Es ist die überragende Motivation des israelischen Volkes, die der künstlichen, real nicht existierenden Motivation der arabischen Armeen entgegensteht und so überlebt. Es gibt die zweifelhafte Motivation der Jihadisten, der Hamas, Hisbollah and anderen zu töten, doch diese Motivation ist religiös, basiert ausschliesslich auf Hass, Todeskult, Rassismus und Antisemitismus und hat mit dem Überleben weder des Einzelnen oder eines ganzen Volkes nicht das Geringste zu tun. Sie sind ein starker Störfaktor des täglichen Lebens, morden aus Überzeugung nicht nur Israelis, doch grundsätzlich bilden sie für Israels Existenz keine existenzielle Gefahr. Nur, hier wieder die fehlende Empathie – wenn Israel sich wehrt, dann wird ihm dies Übel genommen, es wird sogar der „Überreaktion“ angeklagt. Vielen Israelis denken dann tief in ihrem Innern die feinfühligen Worte des Götz von Berlichingen oder ähnliches. Manche sprechen es auch aus. Dann spricht der wohlwollende Israelkritiker vom arroganten Israeli. Weil ihm eben jene Empathie fehlt, welche für die armen palästinensisch-arabischen „Widerstandkämpfer“ und Jihadisten bei jedem Terror-Versteher und Gutmenschen vorhanden ist.

Freitag, 5. September 2008

Der Patriotismus des drusischen Restaurateurs

5.9.2008

Als Vorspeise ein kleiner Hinweis auf eine neue Vorschrift der Armeeführung an die Soldaten der Strassensperren in den besetzten Gebieten. Der Muslime wichtigster Feiertag, der einen Monat dauernde Ramadan, begann am 1. September. Während dem Ramadan dürfen die Gläubigen von Tagesanbruch bis Sonnenuntergang weder essen, trinken noch rauchen. Die Soldatinnen und Soldaten der Strassensperren wurden angewiesen, bei Anwesenheit von Palästinensern aus Respekt für deren religiöse Observanz ebenfalls nicht zu essen, zu trinken und zu rauchen. Muslime sind während dieser Fastenzeit ganz besonders reizbar und die Armee will darauf Rücksicht nehmen, obwohl Nichtmuslime vom Ramadan nicht betroffen sind. Interessanterweise las ich diesen Hinweis auf der Website der palästinensischen Ma’an News Agency.

Diese Woche wurden Lea und ich von Hani und Seham Hasisi ins Restaurant „Lev HaKfar“ (Herz des Dorfes) ausgeführt. Es liegt im Touristen und Auswärtigen wenig bekannten historischen Teil von Daliat Al-Carmel (heute heisst es eigentlich zusammen mit dem eingemeindeten Ussefiya amerikanisiert „Carmel City“), einem Quartier, das mit seinen sauberen und engen Gassen romantisch wirkt. Lev HaKfar ist als Restaurant guter arabisch-drusischer Durchschnitt, seine Salate sind sehr gut, doch in Umm El-Fahm isst man allgemein besser. Aber – und das ist der grosse und einmalige Unterschied – neben dem Restaurant des Betriebes befindet sich ein gemütlicher Salon mit Polstersesseln, Sofa, den üblichen Kissen und Matratzen auf dem Boden, Tischchen und Tischen sowie unzähligen Fotos an den Wänden. Die Fotos zeigen meist den Beizer Safa und seine Frau mit den VIPs und gewöhnlichen Leuten, die sein Etablissement schon besucht haben. In diesem Salon wird Kaffee serviert, zusammen mit Gebäck und Früchten. Soweit so gut. Das wirklich Spezielle des Lev HaKfar ist die jahrlange Tradition, wöchentlich jeden Montag Gruppen israelischer Soldaten einzuladen, jedes Mal zwischen dreissig und sechzig, wie Safa sagte. Sie werden verpflegt, es wird ein fünfzehnminütiger Film über die drusische Kampfeinheit der israelischen Armee gezeigt, sie treffen lokale junge Leute und sollen sich zu Hause fühlen. Dies sei sein persönlicher Beitrag zur gemeinsamen und friedlichen, ja gar freundschaftlichen Existenz zwischen der jüdischen Mehrheit des Landes und seinen Minderheiten. Diese Einladungen sind völlig frei und die eingeladenen Soldatinnen und Soldaten seien seine Gäste. Denn die Armee sei auch seine Armee und der Staat sei auch sein Staat. Das gefürchtete Herev Batallion (Schwert-Batallion), die drusische Einheit der Armee gehöre dem ganzen Staat. Dazu möchte ich allerdings hinzufügen, dass drusische Soldaten in allen Einheit zu finden sind, als Soldaten und als Offiziere.

Solche Ansichten möchte ich auch im muslimischen Umm El-Fahm hören, werde dazu jedoch noch lange warten müssen. Zwar merken die Araber Umm El-Fahms langsam, dass sie statt jammern, besser sich selbst helfen sollten. Mein Freund Said Abu-Shakra steht ihnen fast schon aufdringlich als Beispiel täglich vor der Nase. Die Drusen haben das schon früher gemerkt und internalisiert, auch wenn ihre Kultur und ihre Tradition sich westliche „Eigenheiten“ wie Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau, erst noch erarbeiten müssen. Dazu ein Beispiel, das Seham Hasisi erzählte, als ich sie fragte, ob sie gelegentlich in ein drusisches Bethaus gehe, von denen ich einige in der Altstadt gesehen hatte. Genau so wie bei uns Juden, den Muslims und Christen ist traditionelle Religion zum Stolperstein und Hindernis jeglicher Weiterentwicklung geworden. Seham antwortete, es sei ihr verboten ein Bethaus zu besuchen, denn sie lebe keinen religiösen Lebensstil. Sie müsste dazu erst den Scheich um Einwilligung bitten, der ihr als erstes den Führerschein wegnehmen würde, sie zwänge das traditionelle schwarze Kleid und den weissen Schleier der drusischen Frau zu tragen, keinen Beruf zu erlernen und bestenfalls als Putzfrau zu arbeiten. Die Sitten scheinen streng zu sein – auch in Saudi Arabien ist Frauen das Autofahren und einiges anderes verboten und wird vom Staat und seinen Sittenpolizisten durchgesetzt. In Israel kann das höchsten der Ehemann tun – ob es vorkommt, könnte ich bestenfalls raten und das will ich nicht. Doch immer wieder erlebe ich Überraschungen, wie den Patriotismus von Safa, dem drusischen Beizer. Dessen Frau noch immer ein schwarzes Kleid und weisses Kopftuch trägt. Patriotismus hat halt mit Frauenemanzipation wenig zu tun.