Donnerstag, 26. März 2009

Fahnen und Steine

In wenigen Tagen wird wohl die neue israelische Regierung in ihr Amt steigen. Mit Ehud Barak und den vielen Ministern der Arbeitspartei - fast so viele wie sie Abgeordnete besitzt. Was immer man denken will, Barak hat nach der heftigen Niederlage in den Knessetwahlen einen Sieg errungen. Wie es weiter gehen soll, wissen die Götter, denn die israelischen Rechtsextremisten der neuen Regierung sind noch immer dabei. Ich hoffe, dass ihre Provokation in Umm El-Fahm kein Vorgeschmack auf Kommendes ist. Bibi Nethanyahu wird von ihnen des Verrats an der Nation angeklagt, ich bin jedoch überzeugt, dass er, seit Barak an Bord ist, besser schläft. Absolut schleierhaft bleibt dennoch, wie das neue Triumvirat Nethanyahu, Barak und Lieberman sich der Welt stellen und welchen Eindruck sie durch ihre kommende Arbeit vermitteln wird.

Nach der debilen (ein besseres Wort fällt mir nicht ein) Demonstration jüdischer Faschisten in Umm El-Fahm, die mit dieser Provokation hundegleich ihr Revier markieren wollen – Hunde pinkeln, Marzel und Co. schwenken Fahnen und rufen rassistische Sprüche – können wir wieder aufatmen. Die Araber der Stadt haben, wie vorausgesehen, Steine geworfen und Palästinafahnen geschwenkt, wurden gewalttätig und von der Polizei entsprechend behandelt. Per Saldo sei der Anlass aber glimpflich zu Ende gegangen, wurde mir berichtet. Die jüdischen Fahnenschwinger seien lediglich ganz kurz eine Nebenstrasse herauf und herunter marschiert, hätten Slogans gerufen. dann wieder in ihren Autobus gestiegen und weggefahren. Dieser Spuk hätte nur einige Minuten gedauert. Auf der arabischen Seite war nicht nur verbale Gewalttätigkeit zu sehen, sondern an Gaza erinnernde Vermummte warfen Steine und griffen die Polizei an, die mit 2500 Mann angerückt war. Unter den etwa zwanzig Verletzten war auch der Polizeikommandant Nordisraels.
Es bleibt ein schlechter Geschmack im Mund. Durch diese unnötige Demonstration jüdischen Rassismus, die wirklich nur von einer ganz kleinen verrückten Minderheit jüdischer Israelis geteilt wird, entlarvte sich ein hässliches Gesicht Israels. Aber ebenso entlarvten sich arabische Israelis, durch ihre eigene Gewalttätigkeit, als Bürger, denen es schwer fällt, sich demokratischen Sitten anzupassen und jüdischen Rassismus nicht mit arabischem Rassismus zu beantworten. Meine Idee, die "Besucher" mit Kaffee und Kuchen zu empfangen, oder diskreter, sie einfach zu ignorieren, scheint mit arabischer Mentalität nicht vereinbar zu sein. Allerdings
frage ich mich, ob im umgekehrten Fall, wenn israelische Araber ihre nationalistischen Aspirationen mit einer Demonstration in Tel Aviv kundtäten, Juden nicht auch gewalttätig reagieren würden. Leicht komisch und widersprüchlich wirkt bei all dem, dass 99 Prozent der israelischen Araber unter keinen Umständen ihre israelische Staatsangehörigkeit verlieren oder gar freiwillig aufgeben wollen. Damit sind nicht nur die vielen modernen sozialen Vorteile eines israelischen Bürgers, im Gegensatz zum Bürger irgendeines arabischen Landes gemeint, sondern auch das Recht gegen den eigenen Staat zu demonstrieren, ihn zu beschimpfen und ihm gegenüber gelegentlich unloyal zu sein.

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