Montag, 16. November 2009

Jüdischer Outreach zum Dialog

Der sogenannte „Outreach“, das Bemühen jüdischer Kreise ihre Hand in Freundschaft zum Dialog mit palästinensischen und muslimischen Gruppen und Einzelpersonen auszustrecken, ist eine der wunderschönen (das ist ganz und gar nicht zynisch gemeint) Charaktereigenschaften unseres Volkes (Ausnahmen sind religiös motivierte Araberhasser, denn warum soll es nicht auch unter Juden Ausnahmen geben). Trotz Hass, Verleumdung und Terror aus der islamischen Welt finden sich sehr viele Juden, die mit ihren Feinden den Dialog aufnehmen und führen wollen. Gelegentlich rutschen grundsätzlich gutmütige Juden in eine Art Stockholm-Syndrom hinein und übernehmen voll und ganz die vorwiegend verlogenen „Fakten“ und Argumente islamischer Juden- und Israelhasser und mutieren zu sogenannten jüdischen „Israelkritikern“, der heute gültigen „sterilisierten“ Benennung für Israel- und Judenhasser. Doch darüber wollte ich eigentlich nicht schreiben, sondern zu einem damit verwandten Thema.

Dieser „Outreach“ ist zu begrüssen. Da ich in meiner Tätigkeit für Said Abu-Shakra’s Galerie für zeitgenössische Kunst in Umm El-Fahm genau das tue, komme ich nicht umhin, mir Gedanken um die Grenzen jüdischer Versöhnlichkeit und Sympathie zum Schicksal der heute Palästinenser genannten Araber zu machen. Das heisst ganz und gar nicht, dass wir Juden ihre eigene Kultur und Geschichte ablehnen sollen, denn jedes Volk hat seine nationalen Mythen und sein eigenes Narrativ – wir müssen diese akzeptieren, so lange sie uns damit nicht gefährden. Als Beispiel nenne ich immer wieder die wohl eindrücklichste Ausstellung unserer Galerie, die photographische Dokumentation der moderneren Geschichte der muslimischen Stadt Umm El-Fahm und ihrer Umgebung seit dem frühen zwanzigsten Jahrhundert. Dieses von einem arabischen Wissenschafter recherchierte und zusammen mit einem jüdischen Kuratoren dokumentierte Projekt war gab den Menschen Umm El-Fahms einen eigenen Stolz für ihre eigene Geschichte, nicht konfrontativ aber unter Einbezug Israels vor und nach dessen Staatsgründung.
Es gibt aber Grenzen der gutherzigen Dialogsbereitschaft mit der islamischen Welt und ihren Vertretern, nämlich dann, wenn es sich um existenzielles handelt, wie:

• Wird die Existenz Israels und das Recht der Juden auf einen eigenen Staat akzeptiert? Es geht hier nicht um den „jüdischen“ Staat, sondern um den Staat der Juden und seinen darin in Rechten und Pflichten gleichberechtigten Minderheiten. Wird die Existenz Israels abgelehnt, dann gibt es nichts zu bereden, ausser auf welche Art wir abgeschlachtet zu werden wünschen.

• Anerkennt der Angesprochene die israelische demokratische Regierungsform mit Rechten und Pflichten aller Bürger, sowie auch die offene Gesellschaft und Meinungsfreiheit in Israel? Das heisst nicht, dass er gezwungen werden soll, für seinen eigenen Lebensstil eine freie Gesellschaft zu wählen und in ihr zu leben. Lebt er in Israel, muss er sich integrieren. Zieht er die Freiheiten Afghanistans, Irans oder Saudiarabiens vor, bitte sehr. Aber über unseren westlichen, freien und demokratischen Lebensstil in Israel, lassen wir nicht andere entscheiden.

Auch wir haben unsere religiös motivierten Spinner, die uns dieses Recht absprechen und statt ziviler Gesetzgebung die Halacha einführen wollen.

• Akzeptiert der Angesprochene Israels Recht auf Selbstverteidigung? Ein Vertreter oder Apologet islamischen Terrors lehnt dieses Recht ab. Selbst bei Muslimen, die wenig von der Sharia und muslimischer Gewalttätigkeit halten, sind noch viele theologisch begründete Vorurteile gegen Israel und Juden zu finden. Aber diejenigen, die frei von solcher Bigotterie sind, haben die Integrität dieser Theologie verworfen. Denn sie sind die wahren Moderaten, weil sie durch ihre Unterstützung der Verteidigung Israels gegen jene, die den jüdischen Staat vernichten wollen, sich auf die Seite der Wahrheit gegen Lügen, Gerechtigkeit gegen Ungerechtigkeit und Freiheit gegen mörderische Tyrannei stellen (Teilzitat von Melanie Philips).

Selbstkritik in der arabischen und islamischen Gesellschaft ist ein Tabu. Es wird ein gewaltiger Druck auf ihre Mitglieder ausgeübt, ja nicht aus der Reihe zu tanzen und „Realitäten“ nur soweit zu vertreten (und über die eigene objektive Wahrnehmung zu schweigen), wie sie von der arabischen Gesellschaft der Angst als Dogma erlaubt sind. Deswegen braucht der selbstkritische Palästinenser ein ungewöhnlich grosses Mass an Zivilcourage und die Eigenschaft persönliche Furcht vor Gewaltmassnahmen gegen seine Person und seine Familie zu überwinden. Das ist so in Israel und in westlichen Ländern, sowie in einem noch weit grösserem Mass in der arabischen Welt selbst. Es ist der Hauptgrund warum fast alle arabischen „Palästinakritiker“ im Westen leben, heissen sie Fouad Ajami, Bassam Tibi, Abdulrahman al-Rashed, Amir Taheri, Anwar Malek, Irshad Manji und zahlreiche andere.

Vor einigen Jahren lud ich einen höher gestellten Schweizer Diplomaten zu einer Vernissage unserer Galerie in Umm El-Fahm teil. Das war kurz bevor Scheich Ra’ed Salah zum offiziellen Israel- und Judenhasser als Führer der muslimischen Bewegung Nord-Israels wurde. Mein Freund erzählte, er habe sich, wie ich auch, einmal mit dem Scheich getroffen und er sei ein sehr freundlicher Mensch. Ich hatte damals denselben Eindruck. Doch, so fuhr mein Schweizer Diplomat fort, man müsse sich vor solch extrem freundlichen und stets lächelnden Politikern hüten – diese nette Seite, sei oft nur eine Front, die den wirklichen Menschen verstecke. Seine Menschenkenntnis gab ihm recht. Scheich Salah wurde zum Musterexemplar eines Gegners, mit dem einen Dialog zu führen eine Zeitverschwendung ist und ihm nur eine Bühne für seine Hasstiraden und Aufrufe zur Zerstörung unseres Staates schenkt. Nicht einmal Rabbi Tovia würde ihm Meister.

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