Samstag, 11. Dezember 2010

Zwei aktuelle Themen

Das Carmelfeuer und die Palästinenser

Aus Palästina kamen während dem Waldbrand auf dem Carmel zweierlei Signale:
Der palästinensische stellvertretende Minister für Zuchthäusler (damit sind, so verstehe ich, palästinensische Gefangene in israelischen Gefängnissen gemeint) beschuldigte Israel ebensolche Palästinenser unter dem Schutz des Brandes umbringen zu wollen. So im PA Fernsehen. Nur die Anwesenheit der sich in einer Mehrzahl befindenden jüdischen Gefangenen habe sie gerettet, denn diese „mussten“ doch evakuiert werden. Dieser gruslige Bericht zeigt, ja beweist, dass sogar nach 17 Jahren Osloverträge, kein PA-Offizieller es lassen kann der Welt israelische „Untaten“ vorzulügen. In diesem Zusammenhang fand ich eine Website mit Namen
„Kopten ohne Grenzen“, in der ein Beitrag zum Thema zu finden ist, betitelt „Waldbrände entzücken viele in der arabischen Welt“, vom 11. Dezember 2010, also heute.

Im Übrigen berichtete mir mein Freund Roger Guth, der erfolgreich eine Art „BAZ-Watch“ betreibt, in der Basler Zeitung (BAZ) sei ähnlicher Unsinn gestanden. Die BAZ habe berichtet, die Offizierskadetten der Gefängnisbehörden, die auf dem Weg zum Damon Gefängnis lebend verbrannten, seien palästinensische Gefangene gewesen, implizierend, der Brand sei von Israel gerade dafür veranstaltet worden. Ob diese Zeitungsente berichtigt wurde, ist mir nicht bekannt.

Die zweite, dem Sinn obiger Meldung gegensätzlichen Tatsache, sind die 21 palästinensischen Feuerwehrmänner, die bei der Feuerbekämpfung mithalfen. Ibrahim Ayish, Leiter der Zivilwehr Bethlehem, sagte gegenüber der palästinensischen Nachrichtenagentur "Ma´an", dass sie von den israelischen Kräften "respektvoll empfangen wurden". Außerdem, so fügte er hinzu, handle es sich hier um eine "humanitäre Angelegenheit, die keine Grenzen kenne". Auf die Frage, wie er sich fühle, ein Feuer in Israel zu bekämpfen, sagte er, dass es neben der humanitären Arbeit auch Teil seines Berufs als Feuerwehrmann sei. Außerdem glaube er, dass Israel dasselbe tun würde, sollten sich die Palästinenser selbst in solch einer Situation befinden. (u.A. Quelle: JPost)

So sollte es und könnte es auch sein, wenn sich beide Seiten (die PA, aber auch Israel) nachbarlich benehmen würden – was heissen würde, dass Israel seine rabiaten Siedler an die Leine nehmen würde, statt umgekehrt, sich von diesen an der Leine führen zu lassen und die PA, die sich hinter ihrer vorgeschobenen „Machtlosigkeit“ verschanzt und alles vermeidet uns Israelis mit entsprechenden Massnahmen Vertrauen fassen zu lassen. An Ibrahim Ayish scheint die die Westbank überflutende antisemitische Propaganda spurlos vorübergegangen sein, Ausnahmen wie die Seine bestätigen auch hier die Regel.

Parlamentarierkonferenz über Antisemitismus in Ottawa

Matthias Küntzel schreibt über eine internationale Konferenz über den weltweiten Antisemitismus, die in der ersten Hälfte des Novembers 2010 stattgefunden hat. Mat kritisiert, wundert sich jedoch nicht, dass keine deutschen Parlamentarier anwesend waren. Ich versuchte googelnd herauszufinden, ob vielleicht solche aus der Schweiz dabei waren, würde aber nicht fündig. Vor allem beeindruckt mich der Standpunkt des kanadischen Ministerpräsidenten Stephen Harper, der seine Verachtung für die Geisteskrankheit des Judenhasses klarer hätte nicht ausdrücken können. Auch sieht er, im Gegensatz zu anderen Möchtegernstaatsmännern- und Frauen (ich denke da an die sehr bescheidene Lokalgrösse MCR-National), die vor lauter Erdöl, Geschäftchen und Drang zur Selbstdarstellung Ethik und Moral vergessen und kurzsichtig auf der als Israelkritik getarnten Antisemitismuswelle unserer Tage reiten. Säuberlich trennen sie deshalb den weltweiten Terror des jihadistischen Islamismus vom arabischen Hass und Terror gegen Israel, als ob dieser auf dem Mond zu finden sei und nicht die gesamte entwickelte Welt umfasst.

Im Übrigen muss erwähnt werden, dass auch in Kanada die „Israelkritik“ besonders an Hochschulen sehr gewalttätig präsent ist – es gibt also sehr viel für Harpers Regierung zu tun. Wie überall steht eine grundsätzlich gewaltlose jüdische Minderheit lokaler Juden und israelischen Studenten einer fanatisierten und, wie die Erfahrungen zeigen, zu allen Gewalttaten bereiten Mehrheit islamischer Studenten (heimische und aus der arabischen Welt) und sympathisierenden „Nützlichen Idioten“ gegenüber. So wie es in den USA, in der Schweiz und den meisten europäischen Ländern der Fall ist. Immerhin, Harper scheint Eier aus Stahl zu haben (frei aus dem Englischen) und es ist zu hoffen, dass er durchhält.
Ich empfehle das
Protokoll dieser Konferenz (leider nur in englischer Sprache) zu lesen.

Sonntag, 5. Dezember 2010

Vernissage in Umm El-Fahm

Balata heisst auf Hebräisch Ton-, Porzellan- oder Keramikziegel und gemeint sind im allgemeinen Wand- und Bodenplatten, wie sie in Israel üblich sind. Balata ist der Name der gestern eröffneten Ausstellung in unserer Kunstgalerie in Umm El-Fahm, einem ziemlich strikt muslimischen Ort in Israel mit 50'000 Einwohnern, der grössten ausschliesslich von Muslimen bewohnten Stadt im Land. Regiert wird Umm El-Fahm von der Islamischen Bewegung Nordisraels, einem, so denken viele von uns, Ableger der Hamas. Früher, als die Kommunisten am Ruder waren, so erzählte mir ein dortiger Freund, ja dann hätte es in der Stadt noch Kultur gegeben, Kino und Theater. Heute ist die Galerie die einzige Oase kultureller Aktivitäten dieser Stadt, sie wird von den Islamisten nicht behelligt, dort darf man sich freuen. Die bisherigen Bürgermeister und ihre Regierungen haben die kulturellen Tätigkeiten Said Abu-Shakra stets unterstützt, manchmal sogar offiziell an Vernissagen. So auch heute. Der Vizebürgermeister der Stadt Mustafa Ralioun war anwesend und sprach versöhnliche Worte. Die Stadt wolle zum wichtigsten Begegnungsort zwischen Juden und Arabern in Israel werden, einem Projekt, das lobenswerter nicht sein könnte. Energisch und in Saids Vorstellungen und Erfahrung unterstützt von der Stadtregierung vorangetrieben, könnte das eine revolutionäre Änderung im Verhältnis zwischen den zwei Völkern im Land bewirken. Er weiss, dass die Galerie den im allgemeinen, wenn auch vorwiegend unverdient, unguten Namen Umm El-Fahms substanziell verbessert, viele jüdische Freunde anzieht, egal ob Linke oder Anhänger der Likudpartei, die pauschal verdächtigt werden, Araberfresser zu sein – ein Vorurteil, eines von vielen. Denn die Galerie zieht fast alle an. Ich gebe zu, dass ich Freunde habe, die nicht hingehen wollen, die Nabelschau auf ausschliesslich jüdisches halten. Sie wollen nicht wahrnehmen, dass eine relativ grosse Minderheit von über 20% der Israelis nicht Juden, sondern Araber sind, Muslime, Christen, Drusen. Das ist die ghettoide Angst vor anderen, die man hier in Israel wunderbar, aber nur teilweise berechtigt, hinter dem Konflikt Palästinenser/Araber und Israel verstecken kann. Mit dieser Einstellung verändert man nichts. Zwar gebe ich auch hier zu, dass es fast unmöglich scheint in unserer Generation eine Regelung zu finden, ich denke, wir werden das unseren Enkeln und Urenkeln weiter vererben. Doch nichts tun ist keine Lösung, wir schulden es uns selbst, an der Koexistenz, an Freundschaften (die es durchaus gibt) weiterzuarbeiten, selbst wenn keine sofortige Friedenslösung am Ende dieses langen Tunnels zu sehen ist. Die Motivation eines jeden Israelis selbst einem verträglichen Frieden beizutragen – das Wort „beitragen“ hat für mich überragende Bedeutung und sei dieser Beitrag noch so klein – ist für Israel überlebenswichtig. Hass nur mit Hass zu begegnen, ist keine Lösung, sie verspricht nur unendliche Feindschaft und Gewalt. Was nicht heisst, Gewalt und Terror mit staatlicher Gewalt zu begegnen. Sie darf nicht „verstanden“ werden, das ist Toleranz am falschen Ort. Gewalt darf nicht zum Selbstzweck verkommen, etwas, dass von jihadistischen Seite schon seit Jahrzehnten der Fall. Ebenso bei gewissen jüdischen Ideologiefantasten – ich denke da an Siedler, die palästinensische Bauer an der Olivenernte behindern, deren Olivenbäume zerstören, Hassdemos veranstalten (siehe Umm El-Fahm vor wenigen Wochen) – alles nur um zu demonstrieren, wer Herr im Haus ist.

Zurück zur Vernissage: Neben dem Vizebürgermeister der Stadt war auch die Beraterin des amerikanischen Botschafters in Israel für Kultur und Presse Hillary Olsin-Windecker anwesend. Sie begrüsste die Anwesenden, wies ausführlich auf die amerikanische Hilfe beim Löschen des gerade tobenden Carmelbrandes hin und lobte im Namen des Botschafters Said Abu-Shakra Werk. Dann lud sie uns zum Mittagessen ein.

Es freut mich, das zum Abschluss, dankbar festzustellen, dass die Galerie auch von Schweizer Gönnern unterstützt wird. Doch wir brauchen noch mehr solcher Unterstützung. Der bisherige Erfolg dieses Werk, das neben Kunstausstellungen hohen Niveaus, der Kinder- und Jugendkunstschule auch zur Begegnungsstätte aller Israelis geworden ist verpflichtet zum Wachstum, nicht nur zum Weitermachen. Das heutige Projekt ist der Bau eines Museums für arabisch-palästinensische Kunst in Umm-El Fahm. Von der Stadt haben wir das dafür vorgesehene Stück Land erhalten, das Gebäude wurde nach einem bemerkenswerten Architektenwettbewerb bestimmt und wir sind beschäftigt, die nötigen Mittel dafür aufzutreiben. Ich unterstütze dieses Projekt von Herzen, denn damit kann unseren arabischen Bürgern das abhanden gekommene Selbstwertgefühl auf friedliche Weise gesteigert werden. Sie und ihr Volk

haben eine Kulturgeschichte, die im allgemeinen Niedergang arabischer Zivilisation und Kultur, vielen nicht mehr geläufig ist. Es scheint mir wichtig, sie aus ihrer nicht nur selbst verursachten Opferrolle herauszuholen, die arabische Geschichte (ob es eine separate palästinensische gibt, sei dahingestellt, es scheint mir ein völlig nebensächlicher Punkt zu sein und ich möchte mich darüber hier nicht äussern) hat viel auf das sie stolz sein kann. Doch es scheint nicht sehr viele israelische Araber und Palästinenser zu geben, die sich dem heute bewusst sind.